Prof. Dr. Anna Maria Oberländer ist Rolemodel
Als Juniorprofessorin für Wirtschaftsinformatik und Digitale Transformation arbeitet Prof. Dr. Anna Maria Oberländer an der Schnittstelle von Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Erfahrungen im Bereich Digitalisierung gibt sie als Rolemodel für BayFiD (Bayerns Frauen in Digitalberufen) an die kommende Generation weiter.
UBTaktuell: Wie definieren Sie „Rolemodel“?
Prof. Dr. Anna Maria Oberländer: Die BayFiD Bewegung hat sich zum Ziel gesetzt, weiblichen digitalen Talenten bei ihrem persönlichen Karriereweg in Digital Berufen zu unterstützen. Hier sehe ich als BayFiD Rolemodel meine Aufgabe darin, meine Erfahrungen in Forschung und Praxis als Juniorprofessorin für Wirtschaftsinformatik und Digitale Transformation an die nächste Generation ambitionierter Frauen weiterzugeben, aufzuzeigen, welche verschiedenen Karrierewege zwischen Wirtschaft und Wissenschaft es geben kann und Mut zu machen, dass eine Karriere in diesem Bereich für Frauen selbstverständlich (auch mit Familie) möglich ist.
Inwiefern „Grenzgängerin zwischen Wissenschaft und Wirtschaft“?
Ich verstehe mich als Grenzgängerin zwischen Wissenschaft und Wirtschaft – im Speziellen zwischen Forschung, Lehre und Praxis. Meine Ambition ist es, Brücken zwischen diesen Bereichen zu schlagen. Mein Engagement in Forschung und Lehre als Juniorprofessorin an der Universität Bayreuth und als Direktorin am FIM Forschungsinstitut sowie meine Praxistätigkeit am Fraunhofer FIT ermöglichen es mir, meine Forschungsergebnisse und theoretisches Wissen rund um die digitale Transformation und digitale Innovation etablierter Unternehmen in die praktische Anwendungen zu bringen und gleichzeitig Probleme in der Praxis zu erkennen und in meiner Forschung eingehend zu untersuchen und relevante Lösungsvorschläge zu entwickeln. Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus meiner Forschung und Arbeit mit Unternehmen darf ich in meiner Lehre an die nächste Generation weitergeben.
„Verantwortungsvolle Digitalisierung braucht auch starke Frauen“ – warum?
Ich bin fest davon überzeugt, dass eine verantwortungsvolle Digitalisierung für Individuen, Organisationen und unsere Gesellschaft nur gelingen kann, wenn diverse Perspektiven berücksichtigt und integriert werden – insbesondere auch die von Frauen. Vielfältige Perspektiven und Erfahrungen tragen dazu bei, digitale Lösungen zu entwickeln, die den Bedürfnissen aller Menschen individuell und unserer Gesellschaft im Allgemeinen gerecht werden.
Was sind Gleichstellungsdefizite auf dem Feld Digitalisierung ? Welche Probleme haben Frauen da? Wann beginnen die?
Die Digitalisierung verstärkt die Bedeutung von MINT-Ausbildungen und -Berufen, in denen Frauen jedoch weiterhin unterrepräsentiert sind. Der Frauenanteil in MINT steigt seit Jahren nur langsam an und bewegt sich bei ca. einem Drittel bei den Studierenden (Quellen Link, Link). Frauen in akademischen MINT-Berufen sind nach wie vor noch deutlich stärker unterrepräsentiert, insbesondere in Spitzenpositionen und bei Patentanmeldungen – und das obwohl das Potenzial von Frauen für diese innovationsgetriebenen Berufe von großer Bedeutung ist (Quelle Link). Die Gründe hierfür sind vielfältig und umfassen strukturelle, kulturelle und psychologische Barrieren wie Stereotype und die Rolle von Gatekeepern. Untersuchungen zeigen, dass die explizite Ansprache von jungen Frauen unter Einbezug von Identifikationsfiguren (also Rolemodels) ein erfolgsversprechender Weg ist, diese für Studienfächer und Berufe im Bereich Digitalisierung zu interessieren und zu gewinnen. Hier möchte ich auch mit meinem Engagement als BayFiD Rolemodel ansetzen und zur Motivation junger Frauen und zur Inspiration zu Digitalberufen beitragen.
Wie beurteilen Sie diesbezüglich die Situation an der UBT?
Für mich zeigt sich sehr deutlich, dass die Universität Bayreuth eine junge, dynamische und forschungsorientierte Campus-Universität ist, die sich für Chancengleichheit über Rollen hinweg einsetzt und Diversität als Quelle innovativen Potenzials erkennt. Die Universität Bayreuth verfolgt ehrgeizige Ziele bezüglich Chancengleichheit und bietet dabei sehr gute Rahmenbedingungen und hilfreiche Unterstützungsmöglichkeiten, unter anderem durch die Servicestelle für Chancengleichheit, innovationsorientierte Gleichstellungsmittel sowie Coaching und Mentoring Programme. Als Juniorprofessorin fühle ich mich hier sehr wohl, als Wissenschaftlerin mit Familie ganzheitlich gesehen und ich bin sehr dankbar, dass ich in meiner fachlichen und persönlichen Entwicklung im Bereich Wirtschaftsinformatik von relevanten Vorbildern, Mentor*innen und Sponsor*innen zielorientiert begleitet werde.
Wie sieht Ihr Engagement für Chancengleichheit und Frauenförderung konkret aus?
Besonders am Herzen liegen mir die Themen Diversity und Chancengerechtigkeit, weshalb ich mich sowohl innerhalb der Universität, zum Beispiel im Rahmen innovativer Gleichstellungsmaßnahmen, als auch über universitäre Grenzen hinweg engagiere, beispielsweise in der „Die WI“ Sub-Community WI-Frauen. Dort habe ich bereits Paneldiskussionen mit herausragenden Professorinnen der Wirtschaftsinformatik organisiert und moderiert sowie Initiativen zu Themen wie "Unconscious Bias" oder "inklusive Kommunikation" ins Leben gerufen. Zusätzlich zu meinem Engagement auf universitärer Ebene übernehme ich eine Ombudsrolle als Dozentin der Bayerischen EliteAkademie und unterstütze mehrere Frauen als Mentorin – und nun auch als BayFiD Rolemodel – auf ihrem Weg in ihrer Karriere und persönlichen Entwicklung, was mir große Freude bereitet. Einen ersten Impuls durfte ich als BayFiD Rolemodel bereits letzte Woche beim BayFiD Eve zum Thema „Digitale Transformation“ geben (siehe Link).
Übergreifend möchte ich meine Erfahrungen aus Forschung, Praxis und Führung dazu nutzen, Studierende und Doktorand*innen unabhängig von Geschlecht, Religion oder sozialer Herkunft in ihrer akademischen, praktischen und persönlichen Entwicklung zu fördern und zu fordern. Besonderes Augenmerk lege ich dabei darauf, Frauen zu ermutigen und sie zu zukünftigen, selbstbewussten und verantwortungsvollen Entscheidungsträgerinnen im Kontext der Digitalisierung auszubilden.

