Bundesverdienstmedaille für Bayreuther Geoökologie-Studentin

„Das ist ganz klar eine Würdigung für den ganzen Verein“, sagt Stefanie Propp, „denn ohne Mitstreiter kann man so etwas gar nicht stemmen!“ 130 Mitstreiter*innen hat Stefanie Propp heute im Verein „Die Summer e.V.“. Begonnen hat alles mit acht Geoökologie-Studierenden bei Mitgründer Thomas Pickel in der Küche. „Als im Winter 2017/18 die Hallmann-Studie bekannt wurde, wonach die Insektenbiomasse in den letzten 30 Jahren um 75% zurückging, wurden wir wachgerüttelt“, sagt Thomas Pickel heute. „Wir sagten uns: Jetzt studieren wir schon alle Geoökologie, da müssen wir doch auch aktiv werden, bei uns vor Ort, in unserer Stadt.“

Stefanie Propp, 1. Vorsitzende des Vereins "Die Summer".

„Eine insekten-freundliche Stadt macht sich nicht von alleine, da müssen wir hart dran arbeiten.“

Was geschehen sollte, war schnell klar: Strukturvielfalt schaffen, insektenfreundliche Orte schaffen, die Stadt naturnäher machen, das Stadtgartenamt kontaktieren und einen Verein gründen. Die damalige Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe war offen für die Ideen der jungen Geoökolog*innen und so gewann die Sache schnell an Dynamik. In nur zwei Tagen war die Vereinssatzung geschrieben. Mit ersten „Insektenhotels“ (eigentlich: Insektennisthilfen) stellten sich die Vereinsmitglieder ans Campus-Rondell, um unter den Studierenden für ihre Ideen zu werben. Die Mitarbeiter*innen des Ökologisch-Botanischen Gartens der Universität (ÖBG) standen beratend zu Seite. „Wir haben eine Grillparty gemacht, wir sind auch durch die Vorlesungen gezogen und haben unsere Pläne vorgestellt“, berichtet Thomas Pickel, „und diese Ideen kamen offenbar gut an: Wir gewannen auf einen Schlag 30 neue Mitglieder.“

BayCEER

Das Bayreuther Zentrum für Ökologie und Umweltforschung – BayCEER hat 30 verschiedene Arbeitsgruppen aus Bio- und Geowissenschaften bis hin zur Sportökologie in den Kulturwissenschaften. Interdisziplinäre Verbundforschungsprogramme untersuchen Themen von Mikroplastik über klimaresiliente Getreidesorten bis zum Phosphor-Recycling. Mehr dazu: https://www.bayceer.uni-bayreuth.de

Hands-on-Aktion am Unigebäude in der Dr.-Hans-Frisch-Straße: v.l. Birgit Thies (BayCEER), Stefanie Propp (Die Summer e.V.), Leyla Sungur (GreenCampus) Thomas Pickel (Die Summer) Niklas Huth (ehrenamtlicher Helfer), Gerhard Müller (BayCEER), Nicolas Tyborski (ehrenamtl. Helfer), Jakob Andreä (ehrenamtl. Helfer). 

Die Sensibilität für Nachhaltigkeit ist auf dem Campus der Universität Bayreuth traditionell hoch. Zum einen gibt es zahlreiche Studiengänge, die gezielt klassische Studienfächer mit Nachhaltigkeitsaspekten verbinden, wie eben Geoökologie oder „Biodiversität und Ökologie“, Molekulare Ökologie oder Umwelt- und Ressourcentechnologie. Auch die Forschung ist auf dem Feld exzellent: Es gibt das Bayreuther Zentrum für Ökologie und Umweltforschung (BayCEER), eine Professur für Sportökologie, einen Lehrstuhl für Biofabrikation, Lehrstühle für Tier- und Pflanzenökologie und einen Sonderforschungsbereich Mikroplastik – um nur einige Beispiele zu nennen. Jetzt wird auch ein Zusatzstudiengang Nachhaltigkeit angeboten. Zudem hat sich die Universität Bayreuth zum Ziel gesetzt, Nachhaltigkeit als einen zentralen Leitgedanken zu integrieren und damit als Impulsgeber und Vorreiter für die Gesellschaft zu dienen. Die UBT hat als eine der ersten Universitäten im Freistaat eine Nachhaltigkeitsstrategie auf Ebene der Hochschulleitung verabschiedet. Die wichtigsten Ziele sind, Themen der nachhaltigen Entwicklung in Lehre und Forschung zu integrieren, das Nachhaltigkeitswissen und -bewusstsein der Hochschulangehörigen zu steigern, die nachhaltige Entwicklung im Sinne der Third Mission mit der Gesellschaft zu gestalten sowie ein Umweltmanagementsystem zu implementieren und damit die Aktivitäten des GreenCampus Büro zu unterstützen und zu intensivieren. Das Nachhaltigkeitsbüro GreenCampus setzt sich für weitere Projekte der Nachhaltigkeit Rund um den Campus ein.

Thomas Pickel, Mitgründer "Die Summer" e.V.


„Mein Studium der Geoökologie an der Universität Bayreuth hat mir alles mitgegeben, was ich jetzt brauche.“ 

Flankiert und verstärkt, vor allem nach außen getragen werden diese Anstrengungen durch die zahlreichen Initiativen von Bayreuther Studierenden, die sich im Rahmen ihres Studiums oder in ihrer Freizeit für mehr Nachhaltigkeit engagieren. Das sind Startups wie die Bee Child Box oder Vereine – wie eben „Die Summer".

Was mit 1.000 Euro aus der Merk-Erbe Stiftung und einer ersten Fläche des Bayreuther Bauvereins begann, ist heute ein fester Bestandteil bei der Umgestaltung der Stadt: „Wir sind überall gefragt“, berichtet Thomas Pickel. „Wir machen Führungen, laden zu Workshops ein und sind im ständigen Austausch mit anderen initiativen, um noch bessere Ideen für Naturschutz und Nachhaltigkeit zu entwickeln.

Mehr als ein "Grüner Hügel" in Bayreuth

Aktuell steht aber vor allem ein Projekt im Vordergrund: die Umgestaltung einer riesigen Fläche in der Wilhelminenaue. Durch ein Crowdfunding während der Volksbegehrenszeit „Rettet die Bienen“ konnten die Mitglieder insgesamt 47.000€ Spenden einnehmen, auch dank dem Hauptsponsor Rotary Club Bayreuth Eremitage. Auf 10.000 m2 gestaltet der Verein seitdem einen „Naturgarten“. Dieser „Bunte Hügel“ wurde als Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt beim Sonderwettbewerb „Soziale Natur – Natur für alle“ ausgezeichnet, und seit Juni 2020 wird der Verein zusätzlich mit 710.000 vom Bundesamt für Naturschutz gefördert. Die Mittel fließen in den nächsten fünf Jahren in Landschaftsplanung, Gerätschaften und viel, viel Anpacken. Pickel berichtet: „Es sollen Vorzeigeflächen entstehen, die auch beispielhaft für andere Städte sein können. Wir wollen den Handel bewegen, mehr heimische Blühpflanzen zu verkaufen, und wir planen auch bundesweite Schulungen.“

Dass dies sogar mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland gewürdigt wird, ist zusätzliche große Motivation. Anfang Juni wurden im Amtssitz des Bundespräsidenten Menschen ausgezeichnet, die sich für Natur-, Umwelt- und Klimaschutz engagieren, bedrohte Lebensräume schützen und sich für den Erhalt der Biodiversität einsetzen. „In Bellevue zu sein und dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier von unserem Projekt zu erzählen, das war natürlich sehr aufregend“, berichtet Vereinsvorsitzende Stefanie Propp. Sie war die Jüngste in der Runde der Preisträger*innen. Stefanie Propp verfasste ihre Bachelorarbeit am Lehrstuhl für Biogeografie im Projekt ECOPOTENTIAL, bei der sie sich mit der Fichtenverjüngung auf den Hochflächen im Nationalpark Bayerischer Wald beschäftigte. Im Moment studiert sie Geoökologie im Master, nur die Masterarbeit fehlt noch. Aber: „Das Bundesprojekt ‚Urbane Insektenbiotope‘ läuft bis 2025. Eine insektenfreundliche Stadt macht sich nicht von alleine, da müssen wir hart dran arbeiten.“

Fotocredits dieser Seite (von oben nach unten): Die Summer, mathiask.net, Nilas Reinhart, Leonie Gass, UBT

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