Mit Empowerment und trotz Corona gegen die Leaky Pipeline
Zehn Jahre Coaching-Programm für Wissenschaftlerinnen an der Universität Bayreuth.
Im Jahr 2009 erstellte die damalige Referentin der Frauenbeauftragten, Miriam Bauch, in Zusammenarbeit mit der stellvertretenden Universitätsfrauenbeauftragten, Prof. Dr. Birgitta Wöhrl, das erste Konzept für Coaching und Mentoring an der Universität Bayreuth. Ziel des Programms war es, Wissenschaftlerinnen zu qualifizieren und in ihrer wissenschaftlichen Karriereplanung zu unterstützen und zu fördern. In diesem Zusammenhang soll zum einen das Selbstverständnis der Wissenschaftlerinnen gestärkt werden, zum anderen soll angeregt werden, die eigene Karriere bewusst zu planen.
Weitere Themen, die in den Coaching-Sitzungen angegangen werden können, sind Kommunikation im Arbeitsumfeld und die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Umgang mit Konflikten und der Umgang mit Stress und Belastungen. Darüber hinaus bieten die Coachings auch Raum für die Begleitung bei karriererelevanten Herausforderungen, für die Selbstpräsentation bei Bewerbungsgesprächen oder Vorträgen oder die Übernahme von Führungsverantwortung. Die Wissenschaftlerinnen, die für dieses Programm angenommen werden, können bei einer professionellen Coachin fünf Einzelsitzungen à 90 Minuten in Anspruch nehmen.
Dass das Coaching-Programm in der Vergangenheit gut angenommen wurde und als etablierte Institution zu verstehen ist, zeigt unsere interne Statistik.
Der große Erfolg des Programms, aber auch der stetig steigende Bedarf zeigt sich daran, dass um die 200 Wissenschaftlerinnen der Universität Bayreuth durch das Coaching-Programm gefördert wurden. 2019 ermöglichte außerdem der Frauenförderpreis in der Kategorie „abgeschlossene Promotionen“, den 2018 die Fakultät IV Sprach- und Literaturwissenschaften erhalten hatte, mit den dadurch zur Verfügung stehenden Mitteln fünf Wissenschaftlerinnen mit Coaching-Sitzungen zu unterstützen. Die Stabsabteilung Chancengleichheit übernahm hierfür die Organisation, d.h. führte das Matching zwischen der jeweiligen Wissenschaftlerin und der Supervisorin durch, so dass die Wissenschaftlerinnen einen möglichst großen Mehrwert für ihre Karrieren erzielen konnten.
Aufgrund der Corona-Pandemie fanden die Coachings im Jahr 2020 nahezu ausschließlich digital statt. Durch die Nutzung digitaler Tools verliert das Coaching nicht an Wirkkraft, sondern bietet die Möglichkeit, trotz der pandemiebedingten Einschränkungen miteinander in Kontakt zu treten und die Anliegen anzugehen, die für die Karrieren der Wissenschaftlerinnen von Bedeutung sind.
Was aber auch seit der Corona-Pandemie deutlich wurde, ist, dass sich die Konflikte, die bereits vor der Pandemie bestanden haben, durch sie verschärften. Dies gilt ferner für den Befristungs- und Qualifikationsdruck, dem Wissenschaftlerinnen durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ausgesetzt sind. Sie konnten und können z.T. Forschungstätigkeiten nicht mehr oder nur zeitverzögert bzw. in reduziertem Umfang durchführen. Des Weiteren stellt die ausgefallene oder nur eingeschränkt nutzbare Kinderbetreuung eine große Herausforderung dar, die in erster Linie Wissenschaftlerinnen aller Qualifikationsstufen betrifft, da sie noch immer den Großteil der Care-Tätigkeiten übernehmen. Selbstorganisation muss auch in dem Fall neu gedacht werden, wenn außerdem noch der Partner bzw. die Partnerin im Homeoffice arbeitet.
Außerdem wirkt sich die Pandemie nachteilig für Wissenschaftlerinnen aus, wenn es um Machtpolitik geht, da diese von Präsenz abhängt. Wenn nun Wissenschaftlerinnen im Homeoffice sind und durch Care-Tätigkeiten eingeschränkt werden, dann sind sie auch weniger in hochschulpolitischen und wissenschaftlichen Diskussionen präsent. Die Pandemie führt anscheinend zu einer Re-Traditionalisierung und macht deutlich, dass Gleichstellung an den Hochschulen unbedingt gestärkt werden muss.

