Bayreuth ist eine grüne Stadt in einer grünen Umgebung: gepflegte Parkanlagen, bunte Wiesen, landwirtschaftliche Flächen, vielfältige Wälder. Dennoch wissen viele von uns nicht, was da überhaupt vor der eigenen Haustür wächst und gedeiht. Der ÖBG versteht es als eine seiner Hauptaufgaben, Wissen über Pflanzen zu vermitteln, Menschen zu motivieren, sich mit der Natur zu beschäftigen, und so auch Faszination für die Vielfalt der heimischen Flora zu wecken. Erleichtert wird das nun mit dem Buch Flora von Bayreuth und Umgebung, das nach jahrelanger Kartierungsarbeit unter Leitung des ÖBG entstanden ist. „Unser Buch schafft die Grundlage für Leute, rauszugehen und Spaß dabei zu haben, die heimische Pflanzenwelt zu erkunden“, sagt Dr. Gregor Aas, ehemaliger Leiter des ÖBG und einer der Initiatoren des Kartierungsprojekts, dessen Ergebnis das Buch ist. Neben der bebilderten und kommentierten Beschreibung der in Bayreuth und Umgebung vorkommenden Pflanzenarten beinhaltet das Werk auch Informationen zu Klima und Geologie des kartierten Gebiets, zum historischen Siedlungswachstum von Bayreuth und Umgebung und zur Geschichte der Erforschung der Flora in der Region. Das Buch eignet sich sowohl als Lehrbuch als auch als Nachschlagewerk und Exkursionsführer.

Wichtig ist die Erfassung der Flora auch im Hinblick auf den Klimawandel und den damit zusammenhängenden Verlust der Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensräumen. So können Veränderungen der Flora erkannt und geeignete Maßnahmen zu ihrem Schutz ergriffen werden. Das Buch zeigt nicht nur die aktuelle Pflanzenvielfalt, es zeigt auch, was bereits verloren gegangen ist: Mithilfe von historischen Quellen zurück bis ins 17. Jahrhundert – sowohl Schriftwerke als auch getrocknete und gepresste Herbarbelege – hat das Team bereits über 300 Arten ausfindig machen können, die früher in Bayreuth und Umgebung vorgekommen, mittlerweile aber ausgestorben sind. „Die Recherche in den historischen Quellen war typische Winterarbeit für die Zeit, in der wir draußen keine Daten sammeln konnten“, sagt Dr. Marianne Lauerer, Akademische Direktorin am ÖBG und eine der Initiatorinnen der Flora von Bayreuth und Umgebung.

In Bayreuth mittlerweile ausgestorben: der Frühlings-Enzian (Gentiana verna)

Links: Matthias Breitfeld, Eduard Hertel, Heinz-Dieter Horbach und Heinrich Vollrath (sitzend) (v.l.n.r.) bei der Arbeit mit historischen Quellen und Herbarbelegen. Foto: Marianne Lauerer

Denn zwischen Frühling und Herbst der Jahre 2009 bis 2021 haben Aas und Lauerer zusammen mit Studierenden der Uni Bayreuth und ehrenamtlichen Pflanzenkennerinnen und -kennern ein Gebiet von über 134 km² kartiert und dadurch die Vorkommen und die Häufigkeit von mehr als 1.600 Pflanzenarten erfasst. Hierfür hat sich die Kerngruppe fast jede Woche getroffen, um in Bayreuth und Umgebung systematisch die dort wild wachsenden Pflanzen zu dokumentieren. „Darüber hinaus haben zahlreiche weitere Personen Daten von Pflanzenvorkommen gesammelt und uns gemeldet. Die große Kunst war es, all diese verschiedenen Meldungen zusammenzubringen“, sagt Aas.

Fotos: Marianne Lauerer und Julia Kruse

Bereits seit Beginn der 2000er erfasst der ÖBG regelmäßig alle Pflanzen, die sich spontan auf dem Gelände des Botanischen Gartens ansiedeln. „Im ÖBG sind viele nicht heimische Arten angepflanzt, und wir haben im Garten eine Vielfalt unterschiedlichster, zum Teil sehr naturnaher Lebensräume. Deshalb ist es unsere Verpflichtung, zu überprüfen, welche Arten, heimische wie nicht heimische, hier auch wild wachsen“, so Aas. Im Jahr 2009 entstand daraus die Idee, die Erfassung der Pflanzen auf ganz Bayreuth und Umgebung auszuweiten. „Wir haben uns als Untersuchungsgebiet für ein sogenanntes Messtischblatt entschieden, also eine Karte im Maßstab 1:25.000 mit Bayreuth und dem ÖBG im Zentrum. So sind die Daten aus unserem Projekt kompatibel mit anderen Werken und können in größere Datenbestände, wie die Flora von Bayern, aufgenommen werden, um sie breiter zugänglich zu machen und zu sichern“, erklärt Lauerer.

Die Ziele der Kartierung, so Lauerer: „Möglichst flächendeckend, möglichst komplett und möglichst punktgenau.“ Für die Umsetzung des letzten Ziels hat die Kartierungsgruppe die Wuchsorte von etwa 1.300 Pflanzenarten mit GPS erfasst. „Dabei handelt es sich um die besonders spannenden Arten. Gewöhnliche und weit verbreitete Pflanzen, wie beispielsweise das Gänseblümchen, haben wir nicht mit GPS erfasst“, sagt Lauerer.

Angesammelt hat sich über die Jahre ein unglaublich großer Datensatz mit über 50.000 Einträgen. Genug, dass Fachleute aus dem IT-Bereich für die Datenhaltung hinzugezogen wurden. Anna Walentowitz und Reinhold Stahlmann vom Lehrstuhl für Biogeografie an der Uni Bayreuth haben eine Datenbank aufgebaut und die Punktkarten für die GPS-erfassten Pflanzenarten erstellt.

Punktkarte des Schmalblättrigen Klebalant (Dittrichia graveolens).

Die große Datenmenge soll ab dem Winter in einer Masterarbeit weiter ausgewertet werden. „Bislang sind die Daten deskriptiv, sie beschreiben also, wo und wie häufig eine Art vorkommt. Wir möchten aber beispielsweise wissen, wie groß die Artenvielfalt in bestimmten Lebensräumen ist wie z.B. in der naturnahen Rotmainaue, auf landwirtschaftlichen Flächen und im urbanen Siedlungsbereich, oder welchen Anteil neue, bislang nicht heimische Arten, sogenannte Neophyten, in unserer Flora haben“, sagt Lauerer. Der Datensatz bietet so noch für viele Studierende Möglichkeit zur Forschung.

Letztlich dienen die Daten aber auch als Grundlage für künftige Kartierungen, die bereits im Sommer 2024 begonnen haben. „Angesichts des Klimawandels wollen wir das Projekt fortführen und vielleicht in zehn oder zwanzig Jahren eine weitere Auswertung machen, um zu überprüfen, wie sich die Flora in und um Bayreuth verändert“, sagt Aas.

Flora von Bayreuth und Umgebung

Ausgabe: Print, Hardcover
Preis:
29 €

Flora von Bayreuth und Umgebung ist vollumfänglich durch Drittmittel finanziert. Der Outreach-Fund der Universität Bayreuth, die Markgrafstiftung und der Freundeskreis des Ökologisch-Botanischen Gartens der Universität Bayreuth e.V. haben die Veröffentlichung des Buches gefördert.

Das Buch ist im Selbstverlag erschienen und kann über das Sekretariat des ÖBG erworben werden. Versand ist möglich. Kontakt: gregor.aas@uni-bayreuth.de, obg@uni-bayreuth.de

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Theresa HübnerStellv. Pressesprecherin

Universität Bayreuth
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Mail: theresa.huebner@uni-bayreuth.de

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