„Wir alle müssen uns jetzt mit KI beschäftigen“
Prof. Dr.-Ing. Niklas Kühl beschäftigt sich von Berufswegen mit Künstlicher Intelligenz (KI). Doch er ist auch fest davon überzeugt, dass sich alle Lehrenden und Studierenden — unabhängig der Disziplin — an das Thema ran wagen sollten. Im Bayerischen Landtag war er nun als Experte zu diesem Thema geladen.
KI-Schreibtools sind in den letzten Monaten immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Deshalb ist Prof. Dr.-Ing. Niklas Kühl, Lehrstuhlinhaber Wirtschaftsinformatik und humanzentrische Künstliche Intelligenz an der Universität Bayreuth, momentan auch ein gefragter Experte. Er beschäftigt sich seit zehn Jahren mit Künstlicher Intelligenz, vergangene Woche war es nun soweit, dass er zum ersten Mal die Ergebnisse seiner Forschung auch mit hochrangigen Politiker*innen diskutieren konnte. Gemeinsam mit acht Kolleg*innen aus der Wissenschaft war er im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst im Bayerischen Landtag. Fast vier Stunden lang ging es dabei um das Thema „Chancen und Risiken von KI im Wissenschaftsbetrieb“.
„Wir haben darüber gesprochen, welche Fähigkeiten unsere Studierenden in der Zukunft für den globalisierten Arbeitsmarkt brauchen“, sagt Kühl. „Ich bin überzeugt davon, dass wir ihnen beibringen müssen, effektiv mit KI zu zusammenzuarbeiten – über alle Fachbereiche hinweg.“ Die Studierenden würden sich ohnehin mit ChatGPT und anderen KI-Tools beschäftigen. „Wenn wir den Weg nicht gemeinsam mit den Studierenden gehen, gehen sie ihn alleine.“ Deshalb geht Kühl auch davon aus, dass schon in diesem Sommersemester Hausarbeiten mit Hilfe von KI-Tools geschrieben werden können — wenn diese Zusammenarbeit entsprechend deklariert wird und klare Regeln befolgt. Aktuell entstehen bereits für die Wirtschaftswissenschaftler der UBT sogenannte „Rules for Tools“.
Auch wenn diese zumindest zu Beginn nicht zwingend in der Prüfungsordnung niedergeschrieben sein müssen, ist es wichtig, ein einheitliches Verständnis und Rahmenwerk für den Einsatz von KI-Tools zu haben.
„Ich denke, es geht hier zunächst darum, eine Vereinbarung zu finden, wie man in der jetzigen Situation mit KI-Tools umgeht. Ich finde, man muss das Themenfeld auf jeden Fall ansprechen“, sagt Kühl. „Ich werde so verfahren, dass ich meinen Studierenden sage, sie dürfen KI verwenden, allerdings muss sie gekennzeichnet werden.“
“ Dass KI in Prüfungen vor Ort – egal ob mündlich oder schriftlich – zum Einsatz kommt, davor müsse man sich aktuell noch nicht fürchten. Grundsätzlich müsse man sich aber fragen, was geprüft und was unterrichtet werden muss – mehr Kompetenzvermittlung und kritisches Denken als Auswendiglernen beispielsweise. Er kann sich auch ein „KI für alle“-Programm vorstellen, welches fakultätsübergreifend die Studierenden, aber eben auch die Lehrenden und die Verwaltung ansprechen soll.
„Wir alle müssen uns jetzt mit KI beschäftigen“, ist er sich sicher. Die Entwicklungen im Bereich KI schreiten rasend voran. Hundert Paper werden pro Tag zu KI veröffentlicht – Tendenz steigend. „Da ist es nicht sinnvoll, Geld in KI-Detektoren zu stecken“, sagt Kühl. Man müsse nicht versuchen die KI rauszufiltern, sondern lernen, vernünftig und reflektiert mit ihr zu arbeiten. Das Stichwort sei hier „kalibriertes Vertrauen“. „In diesem Zuge sollten Dozierende bisherige Prüfungsformen überdenken“, sagte Kühl auch dem Ausschuss im Bayerischen Landtag. Besonders sehe er es aber als Aufgabe der Lehrenden „ihre Studierenden adäquat an den Umgang mit KI-Schreibtools heranzuführen.“