Der Masterstudiengang „Geschichte in Wissenschaft und Praxis“
Mit einer Ausstellung im Deutschen Dampflokmuseum wirkt der neue Studiengang „Geschichte in Wissenschaft und Praxis“ in die Region.
Eine möglichst spektakuläre Vergangenheit gehört schon seit Jahrtausenden zu den hervorragenden Merkmalen, die sich Kulturen gerne zuschreiben. Neu gegründete Universitäten wissen um diese Problematik, sich ohne Geschichte profilieren zu müssen, wenn allein Leistung zählt und kein Nimbus ruhmreicher Zeiten die Gegenwart überstrahlt.
Geschichte als akademische Disziplin gilt dagegen als nüchtern, emotionslos und textlastig. Wer sie studiert, möchte meist Lehrerin bzw. Lehrer oder Wissenschaftlerin bzw. Wissenschaftler werden. Dabei sind die Berufsperspektiven vielfältig. Im englischsprachigen Bereich ist public historian schon eine feste Berufsbezeichnung für Historikerinnen oder Historiker, die ihr Fach professionell für TV, Unternehmen, Museen und andere Bereiche der Erwachsenenbildung gestalten und die besondere Aura, die Vergangenheit verleiht, für durchaus profane Zwecke einsetzen.
Niklas Kolb gestaltete die Ausstellung des Deutschen Dampflokmuseums als Studiengangsprojekt.
privat / Niklas Kolb
Diese Ausstellung blickte auf die Geschichte der Pendolinos zurück, die in den 1990er Jahren den Bayreuther Eisenbahnanschluss revolutionierten: Taktfahrplan und konkurrenzfähige Reisezeiten modernisierten den Verkehr auf der Schiene. Ermöglicht wurde dies durch den konsequenten Einsatz der sogenannten Neigetechnik: Da sich der Zug in den Kurven zusätzlich neigt, sind höhere Geschwindigkeiten möglich.
Niklas Kolb, nach seinen Erfahrungen mit dem von Prof. Dr. Martin Ott betreuten Studiengang befragt, betont, dass die universitäre Lehre gerade auch für die Praxis hilfreich war: Konzeption und Aufbau einer Ausstellung ebenso wie angemessenes Schreiben seien Gegenstand des Studiums und damit überaus hilfreich gewesen. Neue Praxiserfahrungen habe er dennoch zur Genüge machen müssen. Vor allem der Faktor Zeit dürfe nicht unterschätzt werden. Auch die Geschichte selbst sei hilfreich: Ohne die historische Perspektive auf den schwierigen Bahnbau im engen Pegnitztal sei die neueste Entwicklung kaum zu verstehen.
Niklas Kolb, Student des Masterstudiengangs „Geschichte in Wissenschaft und Praxis“, vor einem Vorgänger des Pendolino.
privat / Niklas Kolb
Er ist daher mit seiner Studienwahl hochzufrieden und hat sich für die Ausrichtung mit gleich drei Projekten entschieden. Auch theoretisch, so Niklas Kolb, habe er profitiert: Die nächste Ausstellung werde weniger Texte und mehr Objekte umfassen, deren oft bürokratische Organisation allerdings auch das beste Studium nicht erleichtern könne.
Mit der Resonanz der Ausstellung konnten die Beteiligten trotz Corona-Bedingungen zufrieden sein. Den Besucherinnen und Besuchern wurde deutlich, dass die Vergangenheit nicht in die Ferne gerückt werden darf: Schließlich handelt es sich um die zentrale Bahnverbindung der Region, deren Zukunft mehr als ungewiss ist, da in die Modernisierung der Technik schon Jahrzehnte nicht mehr investiert wurde.
Wenn der Pendolino Geschichte wird, ist auch die schnelle Verbindung nach Nürnberg am Ende. Damit realisierte Niklas Kolb eine Idee des partizipativen Museums, wie sie vor allem in den USA gepflegt wird: Deine Geschichte wird erzählt!
Die vielfältigen Projekte der Studierenden des neuen Studiengangs wie die von Niklas Kolb wirken damit zugleich in die Region und fördern systemisch die third mission.
