Jacob Krüger, einer der beiden Head Delegates der Bayreuther Delegation kehrt zurück voller Eindrücke: „Wir hatten eine unglaublich tolle und produktive Zeit. Nach langer Vorbereitung und langen, arbeitsreichen Nächten empfanden wir es als Privileg, dabei zu sein. Das Gefühl der Normalität, die Ehre, als eine der ersten Gruppen seit 2020 das UN Headquarter besuchen zu dürfen, und der persönliche Kontakt zu motivierten Delegierten aus aller Welt - das war der NMUN Spirit 2022.“

Schon vor Monaten war klar, dass die Bayreuther Delegation als Vertreter Schwedens auftreten würde. Für zwölf Komitees – vom Sicherheitsrat über die UNSECO bis zur Vollversammlung - werden je drei Themen vorbereitet, über die dann verhandelt werden soll. Themen sind zum Beispiel Waffenlieferungen, Menschenrechte und friedenschaffende Maßnahmen. Wie bei der „echten“ UN auch werden dann Blöcke gebildet, Länder mit ähnlichen Interessen tun sich zusammen, um die Agenda zu setzen.

Natürlich spielte der Ukraine-Krieg eine große Rolle in New York. Weniger in den Debatten der NMUN: Der Stand der Weltpolitik wird bei  dem Planspiel auf einen für alle Beteiligten gültigen Stichtag sechs Wochen vor der Konferenz festgelegt. Aber „draußen“ in der realen Welt fand zeitgleich die UN-Vollversammlung statt, auch der Ausschluss Russlands aus dem UN-Menschrechtsrat wurde zeitgleich beschlossen. Während der laufenden Debatten erhielt der Nato-Mitgliedsstatus Schwedens – das bei NMUN von Bayreuth vertreten wurde - zunehmende Brisanz.

Neben dem Inhaltlichen stand eins dieses Jahr ganz besonders im Vordergrund: die internationale Vernetzung, die Erfahrung, Reden vor hunderten Delegierten zu halten, und das Aufkeimen einer Vision: die Rückkehr der Diplomatie, die Rückkehr der globalen Vernetzung und die Rückkehr des studentischen Wettbewerbs in-persona. Darüber hinaus hatten die Delegierten eine weitere Aufgabe: Sie produzierten Filmmaterial für den Massive Open Online Course (MOOC) zu MUN. Er erscheint im Herbst 2022.

Was für ein Moment, als die monatelange Vorbereitung des MUN MOOCs, das damit verbundene aufwändige Manuskript schreiben und die zahlreichen Interviewanfragen endlich in die Tat umgesetzt werden konnten und es nur noch hieß: „And Action, please!“

Bei strahlend blauem Himmel aber eisiger Kälte startete das Team auf Roosevelt Island, direkt am East River und mit einem einzigartigen Blick auf die New Yorker Skyline mit den  Dreharbeiten. Nachdem wir diese spektakuläre Kulisse eingefangen hatten, jagte ein Highlight das andere: Dreharbeiten und Experteninterviews bei der MUN Konferenz, Interviews mit Berater*innen, Botschafter*innen und Diplomat*innen, Treffen mit Delegierten, Verhandlungen, Reden im Plenum und, und, und….

Was ist MUN?

Das „Model-United-Nations“ (MUN) ist eine studentische Initiative, die es an vielen deutschen und internationalen Universitäten gibt. Die Teilnehmer*innen beteiligen sich an einem Planspiel, bei dem sie in die Rolle von Delegierten eines bestimmten Landes bei den Vereinten Nationen schlüpfen. Teilnehmen kann jede*r, egal, welches Fach er/sie studiert. In simulierten Gremien wie dem Sicherheitsrat oder der Generalversammlung debattieren die Delegierten über weltpolitische Themen, handeln Kompromisse aus und verabschieden Resolutionen. Ein Besuch bei den Vereinten Nationen gehört zum Programm bei NMUN.

Während des Besuchs hatten die Bayreuther MUN-Leute die einmalige Gelegenheit, sich mit Diplomat*innen vor Ort auszutauschen. Der Ukraine Krieg sorgte bei den Gesprächen für viele Fragen. Am ersten Tag trafen die Bayreuther Delegierten Vertreter*innen der Delegation der Europäischen Union bei den Vereinten Nationen. Im Bild: (2.v.r.) Jelena Vujic Eventplanerin bei der EU Delegation und Danila Gauci (3. v.r.), Legal Team Counsellor der EU-Delegation.

Die Studierenden wurden durch die UN-Gebäude geführt - und sahen zum Beispiel den Saal des Wirtschaft- und Sozialrats der Vereinten Nationen.

Für den MOOC interviewten der Faculty Advisor des Bayreuther MUN-Projekts, Andreas Trauner, und Constance Viehbeck den Botschafter der Europäischen Delegation bei den Vereinten Nationen, Olof Skoog. Die Reise war für die Studierenden schon insofern etwas ganz Besonderes, da sie bei einem „normalen“ Auslandsbesuch kaum in Kontakt mit solchen Persönlichkeiten gekommen wären. Es war für alle eine große Bereicherung, mit den Botschaftern über ihre Tätigkeit zu sprechen und sich Insights aus der Diplomatenlaufbahn abzuholen.

Auch ein Besuch in der südkoreanischen Botschaft stand auf dem Programm. Generalkonsulin Chessy Kim berichtete über unterschiedlichste Themen: der Beziehung zu Nordkorea, den eigenen Werdegang und die politischen Unterschiede zwischen Asien und Europa, wie beispielsweise die Einstellung zum Ukraine Krieg und Waffenlieferungen im Allgemeinen.

Die Bayreuther MUN-Mitglieder Jacob Krüger (Economics, der Head Delegate) und Matthias Karle (Philosophy & Economics) vertraten Schweden im First Committee der General Assembly. Sie sollten das Land - parlamentarische Monarchie, EU- aber nicht Nato-Mitglied - in den Debatten über den Umgang mit Waffen vertreten. Dazu mussten sie sich erst einmal mit grundsätzlichen Politiklinien Schwedens vertraut machen.

Auch abseits der Konferenz haben die Teilnehmer*innen viel erlebt – etwa bei einem Opernbesuch in der MET.

Was ist „NMUN“?

NMUN, das nach eigenen Angaben weltweit größte und älteste fortlaufende universitäre Model UN, zieht jedes Jahr Teilnehmer*innen aus mehr als 130 UN-Mitgliedstaaten an, um aktuelle globale Themen zu behandeln. Die Lernprogramme bieten den Studierenden ein Forum, in dem sie ihre Fähigkeiten in den Bereichen Diplomatie, Verhandlung, kritisches Denken, Kompromissfindung, öffentliches Reden, Schreiben und Forschung verbessern können.

Die Studeierenden profitieren von der Zusammenarbeit mit der Abteilung für globale Kommunikation der Vereinten Nationen und nutzen Simulationsverfahren, die in den 1990er Jahren mit dem UN-Institut für Ausbildung und Forschung (UNITAR) entwickelt wurden. Die Konferenzen in New York finden ihren Höhepunkt im UN-Hauptquartier.

(Quelle: https://www.nmun.org/)

Warum ein MOOC zu MUN?

Die aktive Teilnahme an MUN erfordert viel Zeit, Studierende, die nebenher jobben (müssen), haben diese oft nicht. Nötig sind oft auch nicht unerhebliche finanzielle Mittel, da Reisen bezahlt werden müssen, Visa-Gebühren etc. fällig werden. Nun stehen aber die UN als globale Institution für eine gerechte Welt, für Moderation und Ausgleich. Diesen Widerspruch versucht der Massive Open Online Course (MOOC) zu MUN auszugleichen: In Verbindung mit den von Bayreuth aus gehosteten Online-Konferenzen öffnet der neue MOOC (online ab Herbst 2022) das Konzept von MUN. Teilnehmer brauchen nur einen Rechner und eine Internetverbindung. Mit dieser Art Kurs kommen ungleich mehr junge Menschen in den Genuss des Programms als bei herkömmlichen MUNs. Damit gibt der MUN-MOOC jungen Menschen aus Ländern, über die bei MUN sonst nur geredet wird, ihre eigene Stimme und öffnet den Raum für Ideen aus aller Welt.

Alles Fotos: © UBT MUN/priv

Andreas Trauner, M.Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter Lehrstuhl VWL III

Telefon: + 49 (0)921 55-6303
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