Elisabeth Becker (eine der beiden Firmengründerinnen) bei der Schuhproduktion im eigenen Wohnzimmer in der Partey-Mühle in Thurnau. Das Foto ist von 1945.

Die Hochzeit der deutschen Schuhproduktion ist bereits einige Jahrzehnte vorbei. Bekannt für ihre Schuhproduktion sind Primasens oder auch in Oberfranken Burgkunstadt. In Vergessenheit ist die Schuhfabrik Thurnau geraten. Doch das Institut für Fränkische Landesgeschichte der Universität Bayreuth bringt diese nun wieder ins regionale Gedächtnis. Am Wochenende vom 2. und 3. April findet in Thurnau nun eine Pop-Up-Ausstellung zum Strukturwandel in Nordbayern statt.

„Dafür, dass die Firma nur 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte, haben wir sehr viel Rückmeldung erhalten“, erklärt Benedikt Martin Ertl, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Fränkische Landesgeschichte. In den lokalen Tageszeitungen hatten er und das Projektteam dazu aufgerufen, dass sich Zeitzeugen melden sollen, die etwas über die Thurnauer Schuhfabrik erzählen können. „In den öffentlichen Archiven liegt wenig Material dazu“, erklärt er. „Durch die Zeitzeugen haben wir aber einige Originale bekommen, wie zum Beispiel Kataloge, einen Auszug aus dem Handelsregister von damals und viele Fotos.“

(Oben: Interviews mit den Zeitzeuginnen Kriemhild Geißler und Gaby Förster. Fotos: Benedikt M. Ertl)

Mit diesen Quellen wurde dann die Ausstellung konzipiert. „Die Firma gibt es seit 30 Jahren nicht mehr“, sagt Ertl. „Aber da viele der Näherinnen, die dort gearbeitet haben, aus Thurnau oder den umliegenden Gemeinden stammten und dort zum Teil heute noch leben, haben wir einen reichen Schatz an Ausstellungsstücken zusammentragen können.“

1945 war die Schuhfabrik in Thurnau von zwei Kriegswitwen gegründet worden. Ziel war es damals, etwas herzustellen, was jeder in dieser Zeit gebrauchen konnte.

Besonders spannend sei die Schuhfabrik, da man sie im Stadtbild von Thurnau gar nicht mehr sieht. „Viele der jüngeren Menschen aus der Region haben davon noch nie gehört gehabt“, meint Ertl. Das soll sich nun ändern, denn in ganz Nordbayern gab es früher kleinere Fabriken, die nicht nur zur fränkischen Geschichte gehören, sondern auch ein Teil von vielen Familiengeschichten sind.

Foto links: Zu sehen in der Ausstellung: ein einst beliebtes Paar Amigo-Schuhe. (Foto: Susi Hopp)

Foto rechts: Nach einem Zeitungsaufruf hatte sich eine Familie gemeldet, die noch einen ganzen Wäschekorb voll mit Schuhen aus der Thurnauer Schuhfabrik hatte. (Foto: Benedikt M. Ertl)

Die Geschichte der Thurnauer Schuhfabrik wird in der Pop-Up-Ausstellung am 2. und 3. April in Thurnau sowohl im Kontext der deutschen bzw. fränkischen Schuhindustrie im 19. und 20. Jahrhundert sowie im Vergleich mit heutigen Umwelt- und Produktionsstandards in den weltweit führenden Schuh-Produktionsländern betrachtet.

Der Eintritt ist frei. Bitte beachten Sie, dass im Institut für Fränkische Landesgeschichte als Außenstelle der Universität Bayreuth die Zugangsregeln der Universität zu beachten sind. Daher ist der Zutritt zum IFLG nur Personen gestattet, die geimpft, genesen oder getestet sind. Zudem ist das Tragen einer FFP2 Maske verpflichtend.

Begleitend zur Ausstellung gibt es am Wochenende auch verschiedene Vorträge, Führungen durch den Markt Thurnau und Zeitzeugengespräche. Das Programm ist unter https://www.iflg-thurnau.de/ausstellung-schuhfabrik-thurnau abrufbar.

Benedikt M. Ertl

Benedikt Martin Ertl, M.A.Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Fränkische Landesgeschichte

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