Prof. Dr. Susanne Tittlbach hat den Lehrstuhl Sozial- und Gesundheitswissenschaften des Sports an der Universität Bayreuth inne. Sie forscht sowohl zu Bildungsaspekten im Schulsport und bildet angehende Lehrkräfte aus, arbeitet aber auch zu Public Health und Bewegung. Ihre Expertise ist über die Universitätsgrenzen hinaus bekannt und so war sie jüngst im Bildungsausschuss des Landtags als Sachverständige geladen. „Zuerst habe ich eine informelle Anfrage bekommen, ob ich mir vorstellen könnte, als Sachverständige bei einer Anhörung zur Zukunft des Sportunterrichts an Bayerns Schulen zu sprechen, danach habe ich einen ganzen Fragenkatalog bekommen, zu dem ich schriftlich Stellung bezogen habe“, sagt Prof. Dr. Susanne Tittlbach.

Im Landtag waren es neun Fragen, die in der dreistündigen Sitzung von mehreren Sachverständigen besprochen wurden. „In meiner fünfseitigen Stellungnahme konnte ich natürlich nicht auf alle Fragen eingehen“, sagt Tittlbach. „Daher habe ich mich für das Bewegungsverhalten von Kindern und Jugendlichen unter sozialen Gesichtspunkten, die Ausrichtung eines kompetenzorientierten und mehrperspektivischen Sportunterrichts als dessen Zukunft sowie eine darauf vorbereitende Sportlehrkräftebildung als Themenbereiche entschieden. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass darüber gesprochen wird.“ Die Gesellschaft verändere sich; veränderte Kindheit und Jugend, kulturelle Diversität und jugendliche Bewegungskultur müssen auch im Sportunterricht mehr Berücksichtigung finden, ist sich Tittlbach sicher. Der wissenschaftliche und fachdidaktische Konsens stellt fest, dass Sportunterricht zu einer sportlichen Handlungsfähigkeit, also der Vermittlung sportbezogener Kompetenzen als Fundament bewegungsspezifischen Wissens und Könnens beitragen muss, um Schüler:innen zur Teilhabe an der Sport- und Bewegungskultur zu befähigen. Dem Schulsport kommt eine besondere Bedeutung zu, weil dort alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig sozioökonomischer Faktoren oder sportlicher Familiensozialisation erreicht werden können. „Der Lehrplan muss die erweitere Sport- und Bewegungskultur besser aufgreifen und sich von einer ausschließlichen Orientierung an normierten Sportarten stärker lösen. Ebenso ist eine methodische Verknüpfung des sportlichen Handelns mit kognitiven Elementen im Sportunterricht zur Ausbildung von Kompetenzen unabdingbar. Erst dann werden Kinder und Jugendliche in die Lage versetzt, für sich selbst zu reflektieren, welcher Sport, welche Bewegung ihnen Freude bereitet und wie sie diese in ihren eigenen Lebensstil integrieren wollen und können“, sagt sie. „Angehende Lehrkräfte müssen auf diese Art von Vermittlung vorbereitet sein. Daher finde ich, dass die LPO, also die Lehramtsprüfungsordnung, angepasst werden müsste. Lehrerinnen und Lehrer brauchen neben sportlichen Fertigkeiten, deren Bewertung einen sehr großen Anteil im ersten Staatsexamen ausmacht, insbesondere die Fähigkeit, sportliches Handeln und Erleben mit kognitiven Anteilen schülergerecht zu verknüpfen.“

Tittlbach weiß viel über die Nöte und Zwänge von Lehrer*innen. „Die Themen aus der Sportlehrkräfte-Bildung beschäftigen mich nahezu täglich. Deshalb habe ich mir diesen Schwerpunkt für die Anhörung als Sachverständige gewählt. Ich denke, hier könnte vieles mit einfachen Mitteln verbessert werden.“ 

Der Themenbereich, zu dem Professorin Tittlbach vor dem Sportausschuss des Bundestags gesprochen hat, ist ein anderer. „Es ging dort um Breitensport. Das ist ein Bereich, mit dem sich der Sportausschuss, der in erster Linie Themen rund um den Spitzensport behandelt, so zum ersten Mal beschäftigt hat“, sagt Tittlbach. Deshalb sei es ihr auch so wichtig gewesen, dort ihre Expertise einzubringen. „Es ist nicht so, dass daraus sofort Maßnahmen oder Gesetze entstehen, aber es ist wichtig, dass die Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen um die differenzierten Zusammenhänge zwischen Bewegung und Public Health sowie die unterschiedliche Erreichbarkeit von Bevölkerungsgruppen für Bewegung und Sport wissen. Der Einstieg in Sport und Bewegung ist nämlich nach wie vor eine Frage der sozialen Herkunft.“

Wie es nun im Sportausschuss des Bundestags oder dem Bildungsausschuss des Landtags weitergeht, das ist offen. „Man weiß als Sachverständige nicht, was intern mit den Informationen gemacht wird“, sagt Tittlbach. Sie hofft aber, dass die zusätzliche Arbeit, die sie in die Erstellung der Stellungnahmen gesteckt hat, Früchte tragen. Es geht ihr schließlich um eine Herzensangelegenheit.

Susanne Tittlbach

Prof. Dr. Susanne TittlbachVizepräsidentin für Digitalisierung, Innovation und Nachhaltigkeit

Jennifer Opel

Jennifer OpelStellvertretende Pressesprecherin, Leitung Campusmagazin UBTaktuell

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