Das Stimmengewirr ist laut, einzelne Wörter und Sätze dringen durch: „Alle müssen gehört werden!“, „Verbotskultur“ und „Kipppunkt“ oder „Die Zeit läuft uns davon!“. Rund 40 Menschen sitzen in der Klimalounge in der Innenstadt von Bayreuth zusammen, um über die Mobilitätswende in der Region zu sprechen. Es geht nicht nur um den Verkehr in der Stadt Bayreuth, die Verflechtungen zwischen Stadt und Landkreis, auch um die Verbindung zu den Universitätsstandorten in Kulmbach und Thurnau sowie die Mobilität zum, auf dem und vom Campus der Universität – denn eingeladen hatte das „forum1.5“-Team an der Professur für Stadt- und Regionalentwicklung und das „Transformationslabor Hochschule“ der Universität Bayreuth. Aufgabe des Nachmittags ist: Gemeinsam Handlungsansätze für eine Mobilitätswende in der Region zu diskutieren und Vorschläge zu erarbeiten, welche Schritte nötig sind, um die Menschen mitzunehmen auf dem mühsamen Weg zum 1,5-Grad-Ziel. 

Dass das handlungsleitend sein muss, macht Prof. Dr. Manfred Miosga, Inhaber der Professur für Stadt- und Regionalentwicklung, zu Beginn deutlich: „Eigentlich haben wir keine Zeit mehr: Wir reißen 2023 alle Werte, die Erderwärmung beschleunigt sich auch noch.“ Wenig optimistisch sind seine Prognosen anhand von fundierten Zahlen und Studien: „Wenn nichts geschieht, nähern wir uns einer Erderwärmung von vier Grad, und dann wird es die Zivilisation, wie wir sie kennen, nicht mehr geben.“ 

Sein Schluss daraus: „Wir können nicht auf neue Technologien warten, wir müssen unser Verhalten ändern, besonders was unsere Mobilität anbelangt.“ Dass dazu zuallererst ein anderes Mobilitätsverhalten nötig ist, vom Individualverkehr per PKW hin zu mehr ÖPNV und zum Beispiel neuen Sharing-Modellen, das liegt für Miosga auf der Hand. 

Um für eben diese Herausforderungen Ideen zu entwickeln, findet das Transformationslabor mit Vertreter*innen von Initiativen, der Universität und der Kommunalpolitik statt, allen voran Bürgermeister Dr. Andreas Zippel. Er betont: „Universität und Stadt müssen da an einem Strang ziehen: Es ist uns allen wichtig, dass die Verkehrswende gelingt. Ich bin der Universität dankbar, dass sie mit uns diese Transformation anstößt.“ 

Prof. Dr. Susanne Tittlbach, Vizepräsidentin für Digitalisierung, Innovation und Nachhaltigkeit an der Universität Bayreuth, hat gemeinsam mit dem „forum1.5“ eine Förderung des Stifterverbands an die Uni Bayreuth geholt, die eine engere Zusammenarbeit von Universität und Stadt Bayreuth möglich macht. Susanne Tittlbach betont: „Den Wandel zu einer nachhaltigen Mobilität kann keine Institution alleine schaffen. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie der Universität, unsere Bemühungen zum Beispiel um eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, der E-Lade- sowie der Fahrradinfrastruktur kann nur in Kooperation mit der Stadt Bayreuth gelingen.“ Deutlich wird dies anhand von trockenen Zahlen: Von den rund 2.600 Mitarbeitenden der Uni Bayreuth wohnen alleine ca 1.400 in der Stadt und rund 500 im Landkreis Bayreuth. Von den rund 12.500 Studierenden haben ca. 5.600 ihren Erstwohnsitz (basierend auf der Semesteranschrift) in der Stadt Bayreuth. Die Mobilitätsbedürfnisse sind daher extrem heterogen und verschränken Anforderungen an Stadt, Region und Campus hinsichtlich der Infrastruktur.

Hintergrund Stadt/Uni/Nachhaltigkeit

Das vom Stifterverband geförderte Projekt „Postfossil mobiler Campus“ von Universität und Stadt Bayreuth kann auf einer Vielzahl an Vorarbeiten aufbauen, die sich mit den Herausforderungen im Bereich Klimaschutz und Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Dazu zählen zum Beispiel die Nachhaltigkeitsstrategie der Universität Bayreuth, die 2021 verabschiedet wurde, und das 2022 durch den Stadtrat beschlossene Klimaschutzkonzept der Stadt Bayreuth. Daneben gibt es sowohl von universitärer als auch von städtischer Seite zahlreiche Aktivitäten, die Synergien zum Projekt aufweisen. Das Nachhaltigkeitsbüro „GreenCampus“ und das forum1.5, eine Plattform, die sich für eine klimagerechte Zukunft in Bayreuth einsetzt, sind hier ebenso zu nennen wie das gesamtstädtische Mobilitätskonzept, das derzeit erstellt wird.

Diese Themen bearbeiten die Teilnehmer*innen des ersten Treffens in der Klimalounge - begleitet vom Büro Planersocietät aus Dortmund:

  • Mobilität zum, am und vom Campus der Universität Bayreuth.
  • Wie können Stadt und Landkreis Bayreuth partnerschaftlich die aktive Mobilität und den ÖPNV in der Region stärken?
  • Wie kann die Universität Bayreuth die Erstellung und Umsetzung des Mobilitätskonzepts für die Stadt Bayreuth unterstützen?
  • Modellquartier für eine zukunftsfähige Mobilität – Wie können Stadt und Universität zusammenwirken?
  • Ideen, wie Konflikte produktiv bearbeitet und Blockaden gelöst werden können.

    Die Ergebnisse werden zunächst intern aufbereitet und den Teilnehmenden zugänglich gemacht. Zudem dienen die Inhalte als Grundlage für die folgenden Workshops 2024.

    In einem einjährigen Prozess wollen Stadt und Uni nun eine Zukunftsvision erarbeiten und konkrete Maßnahmen entwickeln, mit denen die erforderlichen Veränderungen angestoßen werden können. Für das Kooperationsprojekt von Universität und Stadt Bayreuth heißt das, ein transformatives Mobilitätskonzept für den Campus und die Region zu erstellen und verschiedene Maßnahmen für den Wandel zu einer nachhaltigen Mobilität voranzutreiben. Der Anfang ist jetzt gemacht! 

  • Hintergrund Transformationslabor/Stifterverband 

    Städte und Regionen stehen vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen und Umbrüchen: Migration, Energiewende, Klima- und digitaler Wandel und Veränderungen der Wirtschafts- und Industrielandschaft. Nur gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren, Unternehmen, sozialen und kulturellen Einrichtungen wird die viel beschworene Transformation in Städten und Regionen lösbar. Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind vielfach vernetzte Orte des kritischen Denkens, der Erforschung und Innovation. Sie sind in der Lage, Herausforderungen und Probleme zu identifizieren und Konsequenzen aufzuzeigen. Sie bieten Orientierung mit Studien, Hochrechnungen und Zukunftsszenarien und generieren Handlungswissen, wie sich Ziele erreichen lassen. Doch wie kommen Region und Hochschule konkret zusammen?

    Welchen Beitrag können Hochschulen für die Zukunftsfähigkeit ihrer Region leisten und – konfrontiert mit den großen Erwartungen aus Wirtschaft und Politik? Und wo sind die Grenzen ihres Engagements? Welche Strategien, Strukturen und Kompetenzen benötigen Hochschulen und Städte, um gemeinsam Transformationsprozesse erfolgreich zu gestalten? Und wie können diese gezielt aufgebaut und weitervermittelt werden?

    Neun Hochschulen und ihre Regionalpartner wurden vom Stifterverband für das Programm ausgewählt:
    ● Universität Bayreuth & Stadt Bayreuth
    ● Fachhochschule des Mittelstands Bielefeld & Stadt Bielefeld
    ● Hochschule Darmstadt & HEAG Holding AG Darmstadt
    ● Albert-Ludwigs-Universität Freiburg & Stadt Freiburg
    ● Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg & Stadt Halle an der Saale
    ● HTWG Konstanz & Stadt Singen
    ● Universität Mannheim & Metropolregion Rhein-Neckar
    ● Hochschule München & Stadt Wolfratshausen
    ● Universität Witten/Herdecke & Caritasverband Witten e.V.

    Anja-Maria Meister

    Anja-Maria MeisterPressesprecherin der Universität Bayreuth

    Universitätsstraße 30
    D - 95447 Bayreuth
    Tel: +49 (0) 921 / 55 - 5300
    Mail: anja.meister@uni-bayreuth.de

    Webmaster: Team UBTaktuell