An Weihnachten wird geschlemmt, gefeiert, gesungen und genossen. Zumindest normalerweise. Im Jahr 2020 veränderte die Corona-Pandemie die Ausgangslage. Auch wenn der Lockdown für ein paar Tage unterbrochen war, es durfte sich nur mit vier über den eigenen Hausstand hinausgehenden Personen getroffen werden. Große Familienfeiern, Zusammenkünfte und Klassentreffen fielen 2020 aus.

Prof. Dr. Tina Bartelmeß hat bevor sie an die Universität Bayreuth gekommen ist, eine Umfrage zum Essverhalten an Weihnachten, insbesondere im Jahr 2020, durchgeführt. Die Juniorprofessorin für Ernährungssoziologie der Fakultät für Lebensmittelwissenschaften: Food, Nutrition and Health in Kulmbach zieht daraus klare Schlüsse: „An Weihnachten geht es den Menschen nicht primär darum, dass etwas auf den Tisch kommt oder was das ist“, sagt sie. Vielmehr gehe es um Vergemeinschaftung, Interaktion und Kommunikation. Traditionelle Gerichte werden zubereitet und serviert, da sie auf vergangene Zeiten und Erfahrungen verweisen und mit diesen sozialen Aspekten der Weihnachtsmahlzeit in Verbindung gebracht werden – nicht unbedingt, weil sie allen am Esstisch besonders gut schmecken.

Anderer Schwerpunkt

„Normalerweise wird bei einer solchen Umfrage abgefragt, was gegessen wird, wie gesund das ist und so weiter. Wir haben aber einen anderen Schwerpunkt gelegt. Wir wollten die soziale Komponente beleuchten.“ Dabei sei allerdings zuerst auch gefragt worden, was denn auf den Tisch kommt. „Klassischerweise war das Kartoffelsalat mit Würstchen an Heiligabend“, erklärt Bartelmeß. „Wir haben uns gefragt, was das zum Ausdruck bringt“, sagt sie. Die Antwort: Historisch betrachtet war das ein Essen für die Unter- oder Mittelschicht. Das sei es aber nicht mehr. Es gehe den Menschen an Heiligabend nicht darum, über Lebensmittel zum Ausdruck zu bringen, was man sich leisten kann. „Es ist schon erstaunlich, wie viele Befragte gesagt haben, dass der Tisch prachtvoll gedeckt und die Kleidung schick gewählt ist, es dann aber doch ein eher schlichtes Gericht gibt. Wir konnten also feststellen, dass hier nicht exklusives Essen, sondern aufwendiges Ambiente die Besonderheit des Weihnachtsessens als außeralltägliche Mahlzeit markiert. Durch Kartoffelsalat und Würstchen, also der eigentlichen Mahlzeit, erhält das Weihnachtsfest aber Wiedererkennungswert. Das Festhalten an traditionellen Gerichten dient der Orientierung und bietet Stabilität. Für viele der Befragten ist Weihnachten unvollständig, wenn es nicht Kartoffelsalat und Würstchen gibt.“

Am 1. Weihnachtsfeiertag gibt es laut den Befragten häufig Gans, Rotkraut und Klöße. An diesem Tag isst man oft nicht nur mit der Kernfamilie, sondern im größeren Rahmen. „Es geht auch hier eher darum, Zeit miteinander zu verbringen“, sagt sie. „Am 1. Weihnachtsfeiertag werden oft soziale Beziehungen gefestigt und wiederbelebt.“ Am Esstisch kommen Großeltern, Tanten, Onkel oder andere Verwandte zusammen, die unter alltäglichen Umständen nicht zusammen essen. „Das Weihnachtsessen ist dabei eine wichtige gesellschaftliche Institution.“

Vieles hat gefehlt

Das ist im vergangenen Jahr ausgefallen. Ob große Familienfeiern 2021 stattfinden werden, ist fraglich. „Das, wofür die Mahlzeit an Weihnachten steht, hat letztes Jahr größtenteils gefehlt“, betont Bartelmeß. „Unsere Befragten haben angegeben, dass ihnen besonders das Beieinandersitzen, die Umarmungen und das gemeinsame Singen gefehlt hat.“

Auch wenn sich im vergangenen Jahr einiges an der Esssituation an Weihnachten geändert hat – zum Beispiel kamen weniger Personen als üblich an der Weihnachtstafel zusammen, während des Essens wurde öfter gelüftet oder es wurde an separaten Tischen oder gar draußen gegessen – sind die traditionellen Weihnachtsgerichte gleichgeblieben. , „Wir gehen davon aus, dass die traditionellen Gerichte etwas Stabilität und Ordnung in die ungewöhnliche Zeit letztes Jahr an Weihnachten gebracht haben und hoffen, dass die Bedeutungen, die diese Gerichte mit sich tragen, nach dem Ende der Corona-Pandemie auch wieder gelebt werden können.“ sagt Bartelmeß.

Tina Bartelmeß

Prof. Dr. Tina BartelmeßInhaberin der Juniorprofessur für Ernährungssoziologie

Fakultät VII für Lebenswissenschaften: Lebensmittel, Ernährung und Gesundheit
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